Ein Melkgeschirr nach dem anderen löst Sascha Liechti mit vernehmlichem Klacken aus der Halterung. Flink arbeitet er sich so durch den 16er Melkstand, bis alles fürs abendliche Melken vorbereitet ist. «Das ist schon ganz anders. Beim Schreinern räumt man gegen Fünf Uhr noch etwas auf und macht dann Feierabend», bemerkt er, erklimmt die kurze Treppe und lässt den Blick durch den Raum schweifen. Während der zwei Stunden Melken hingegen müsse er den Kopf auch am Ende eines Arbeitstages und länger in die Abendstunden hinein bei der Sache haben. «Aber wenn da nur zwei, drei Kühe stehen würden, wäre mir ja langweilig», beeilt sich der Lehrling zu ergänzen. Wenn er die Wahl hat, geht Sascha Liechti gerne den schwierigeren, herausfordernden Weg.  

 

Steckbrief 

  • Name: Sascha Liechti
  • Alter: 21 Jahre
  • Zuhause: In Lauperswil BE
  • Ausbildung: Im dritten Lehrjahr zum Landwirt

    auf der Ferme Oberson bei Alfred und Bernadette Oberson in Rueyres-Treyfayes FR

Er wollte das «richtige Handwerk» lernen 

Der Vergleich seines Alltags auf dem Lehrbetrieb im freiburgischen Rueyres-Treyfayes mit der Arbeit als Schreiner liegt nahe, denn für den 21-Jährigen ist die Lehre zum Landwirt bereits die zweite Ausbildung. «Man soll das machen, was einem Freude bereitet», ist Sascha Liechti überzeugt. In seiner Schreinerzeit ging er nach der Arbeit täglich in den Stall – was ihm gefiel. Nun wird das zu seinem zweiten Beruf. Ausserdem habe er sich alle Türen offenhalten wollen. «Ich möchte einmal einen Betrieb übernehmen. Auch wenn es nur im Nebenerwerb ist, wäre ich bereits zufrieden», erklärt er. Ein Direktzahlungskurs wäre ihm zu wenig gewesen, er habe das «richtige Handwerk der Landwirtschaft» lernen wollen.

[IMG 2]

Mit seinen zwei Lehrjahren im Kanton Freiburg suchte Sascha Liechti bewusst die Herausforderung.

Respekt gegenüber den Kälbern

Zügig geht der Berner voran zum Kälberpferch. Er hat eine Schwäche für junge Tiere: «Die sind immer herzig.» Geburten seien für ihn immer etwas Besonderes, auch wenn sie auf der Ferme Oberson bei 102 Kühen zur wöchentlichen Routine gehören. Seiner Meinung nach sollte man sich genügend Zeit nehmen, sich um die Kälber zu kümmern und nicht erst um die Kuh. Respekt gehöre auch dazu – und Geduld. «Allerdings bin ich nicht wahnsinnig geduldig», räumt Sascha Liechti ein. Neugierig und aufmerksam empfangen wird er trotzdem, wenn er den Jungtieren umsichtig, aber mit fliegender Heugabel frisches Stroh bringt.

 

5 Kurzinfos

  • Diese Superkraft würde ich mir wünschen: Nicht mehr müde werden, bis alles erledigt ist.
  • Meine Lieblingstiere: Kühe und Hühner.
  • Mein Lieblingsessen: Geschnetzeltes mit Pommes Frites.
  • Meine Lieblingsarbeit: Heuen und Mastpoulets verladen.
  • Das mache ich weniger gern: Maschinen waschen, wenn es kalt ist.

Am liebsten heuen 

Sascha Liechti liebt seine Arbeit – ein Hobby zu nennen fällt ihm schwer. Allgemein treibe er gerne Sport, komme aber selten dazu. Auch gärtnern gefalle ihm, es fehle ihm aber die Zeit. An Letzterem ist er allerdings nicht ganz unschuldig. Ob zuhause oder auf dem Lehrbetrieb – er sei immer «am bure», weil ihm das eben Freude bereite. Heuen sei seine liebste Arbeit, «darauf freue ich mich immer, sobald es wieder warm wird», meint er strahlend, «und man sieht den ganzen Winter über beim Füttern die Arbeit des Sommers.» Dabei spielt es für ihn keine Rolle, ob er auf dem Traktor sitzt, oder das Heu an einem Bord recht. Hauptsache Heuen, am liebsten fast pausenlos.

«Ich schätze es, wenn die Zeit schnell vorbei geht und viel zu tun ist», bekräftigt der 21-Jährige. Als Superkraft würde er sich daher auch wünschen, nicht müde zu werden. Nicht gerade gar nie, aber zumindest nicht, bis alle Arbeit auf dem Feld oder im Stall erledigt ist.

[IMG 3]

Das Melken am Abend sei zwar anstrengend, trotzdem schätzt der 21-Jährige auch diese Arbeit.

Zwei Lehrjahre auf Französisch

Neben seinem Eifer zeichnet den Berner die ständige Suche nach Herausforderungen aus. Für ihn sei klar gewesen, dass er die Lehre zum Landwirt nicht einfach «ännet em Mischstock» seines Zuhauses machen wollte. «Ich wollte etwas anderes sehen und kennenlernen», erläutert Sascha Liechti. Und wo es andere ins Ausland zieht, lockte ihn die welsche Schweiz. «Im Emmental ist alles so klein, hier gibt es eine ganz andere Weite», meint er auf dem Vorplatz mit einer Geste über das viele Grünland rundherum, auf dem wie auf der Etikette des Vacherin fribourgeois schwarz-weisse Holstein-Kühe grasen. Da arbeite man automatisch mit grösseren Maschinen. Natürlich spielte auch die Sprache eine Rolle – Er habe das Französisch richtig lernen wollen, um ohne lange überlegen zu müssen sprechen zu können. «Ich möchte meine welschen Kollegen ebenso verstehen können, wie die Deutschschweizer», formuliert der Lehrling sein Anliegen. Daher habe er sich von Anfang an für zwei welsche Lehrjahre entschieden.

«Es ist heute anders, aber auch gut.»

Mehr Verständnis und vor allem Wertschätzung würde sich der Lehrling auch von jenen wünschen, die den Alltag von Bauern belächeln, hinterfragen oder sie sogar als Umweltsünder sehen. Für ihn steht aber ausser Frage, dass die Landwirtschaft mit der Lebensmittelproduktion eine Aufgabe hat, die nie an Wichtigkeit verlieren wird. «Es macht mich stolz, zusammen mit all den anderen für gefüllte Regale zu sorgen», sagt Sascha Liechti mit Nachdruck. Ausserdem möchte er zeigen, dass auch die jüngere Generation künftig noch mit Herzblut bauern wird. «ich höre oft, früher sei alles besser gewesen. Als der Milchpreis höher war und man noch in die Dorfchäsi lieferte», erzählt der Berner. Für ihn steht aber fest: «Es ist heute anders, aber auch gut.» 

Beim Gedanken an die anspruchsvollen, aber auch schönen Abendstunden im Melkstand muss Sascha Liechti schmunzeln. «Man sollte immer lachen, auch wenn es nicht einfach ist oder eine Situation nervt», findet er. Manchmal komme ihm einfach etwas in den Sinn, und er müsse lachen, «Oder ich freue mich auf etwas in der Zukunft.» Angesichts der warmen Sonnenstrahlen, die Weiden und Vorplatz in helles Licht tauchen, z. B. auf das Heuen.

 

[IMG 4]

Die BauernZeitung kürt den «Lehrling des Jahres 2021»

Aus über 80 fantastischen Bewerbungen hat die Jury Mitte März 2021 10 Favoritinnen und Favoriten für den «Lehrling des Jahres 2021» ausgewählt. Zwischen dem 16. April 2021 und dem 14. Mai 2021 werden alle 10 Favoritinnen und Favoriten vorgestellt. Pro Woche werden jeweils 2 neue Lernende vorgestellt. Zu jedem Lernenden gibt es einen Artikel und ein Video. Ab Mitte bis Ende Mai folgt das Leser-Voting, bei dem Sie bestimmen, wer schlussendlich der «Lehrling des Jahres 2021» wird. Alle Artikel und Porträts finden Sie im in unserem Dossier

Zum Dossier «Lehrling des Jahres 2021»