Kurz & bündig

- Durchfallerkrankungen in den ersten drei Lebenswochen sind die häufigste und die verlustreichste Erkrankung neugeborener Kälber.
- Kälber kommen ohne Immunschutz auf die Welt. Die Immunität wird massgeblich in den ersten 12 Stunden durch das Kolostrum aufgebaut.
- Kälber brauchen eine intensivere Betreuung, die es systematisch zu dokumentieren gilt.
- Tritt Durchfall auf, braucht es in erster Linie Flüssigkeitsersatz. Antibiotika sind erst bei schwer erkrankten Tieren nötig.

Bei Kälberdurchfall reicht es nicht, nur das einzelne Tier zu behandeln. Es braucht ein Gesamtkonzept, um die Kälberaufzucht zu verbessern. Zentrales Ziel ist es dabei, auch in einer intensiven Aufzucht Kälber so aufzuziehen, dass sie mit einem moderaten Infektionsdruck in ihrer Umgebung umgehen können, weil sie eine gute Konstitution haben.

In einer solchen Aufzucht kann jedes Tier sein Wachstumspotenzial realisieren. Es hat dank metabolischer Programmierung beste Voraussetzungen für eine hohe Leistung im Leben, sei es als Milchkuh oder Mastrind. Durchfallerkrankungen in den ersten drei Lebenswochen sind die häufigste und verlustreichste Erkrankung neugeborener Kälber. Als typische Faktorenkrankheiten entsteht Durchfall in der Regel, wenn mehrere Auslöser zusammenkommen. Dazu gehören nicht infektiöse Ursachen (Ernährung) und infektiöse Ursachen.

[IMG 2]

Viren, Bakterien und Einzeller lösen Kälberdurchfall aus

Die häufigsten Infektions-Erreger sind Rota- und Corona-Viren, bestimmte schädliche Bakterien (E.coli) und Einzeller (Kryptosporidien). Sie gelangen in den Magen-Darm-Trakt des Kalbes hinein und breiten sich dort aus. Rota- und Corona-Viren sind Viren, deren Infektion durch eine ausreichende Aufnahme von qualitativ hochwertigem Kolostrum nahezu verhindert werden kann.

E. Coli ist ein Bakterium, welches in sehr jungem Alter auftritt. Auch hier kann eine Krankheit durch die Aufnahme von hochwertigem Kolostrum in ausreichender Menge nahezu verhindert werden.

Kryptosporidien sind einzellige Parasiten, welche in der Umwelt sehr widerstandsfähig sind und nur durch geeignete Hygiene-Massnahmen bekämpft werden können.

Misch-Infektionen sind häufig und meist durch einen schwereren klinischen Verlauf gekennzeichnet. Gefährlich sind dabei nicht die lokalen Infektionen durch Erreger, sondern die sich aus dem Flüssigkeits- und Elektrolytverlust ergebenden Störungen.

Die wichtigsten Symptome sind eingefallene Augen als Ausdruck der Austrocknung des Organismus, Trinkschwäche, Festliegen, Untertemperatur, kalte Körperoberfläche, Apathie oder gar Koma.

[IMG 3]

Was schützt Kälber am besten gegen Durchfallkrankheiten?

Kälber kommen ohne Immunschutz auf die Welt. Die Immunität wird massgeblich in den ersten 12 Stunden durch das Kolostrum aufgebaut. Danach ist die Darmschranke für die Abwehrstoffe kaum noch passierbar.

Daher gilt heute die Empfehlung, dass sauber ermolkenes, möglichst hochwertiges Kolostrum möglichst bald nach der Geburt zur freien Verfügung (ad libitum) angeboten wird. Dabei sollte das Kalb mindestens vier Liter in den ersten 12 Lebensstunden trinken oder bei fehlender Sauglust gedrencht bekommen.

Das Verabreichen von Milch mit einer Sonde («Drenchen») stellt in diesem speziellen Moment eine gute Lösung dar, sollte ansonsten aber vermieden werden.

Idealerweise überprüft jeder Betrieb mindestens einmal jährlich sein Kolostrum-Management. Im Hinblick auf Durchfallerkrankungen mit Beteiligung von Rota-Viren und bestimmten E.coli-Bakterien ist die Kolostrumversorgung besonders wichtig. Der Kälbergesundheitsdienst KGD untersucht für seine Mitglieder einmal jährlich kostenlos Blutproben der Kälber.

Essenziell für eine gute Vitalität der Neugeborenen ist, dass die Muttertiere ausreichend mit Spurenelementen, etwa Selen und Kupfer versorgt sind. Zudem ist eine korrekt durchgeführte Geburtshilfe von grosser Bedeutung.

Vor allem in der kalten Jahreszeit ist es wichtig, dass die neugeborenen Kälber möglichst rasch ein trockenes Fell haben. Das Ablecken durch das Muttertier erhöht zwar die Vitalität, trägt aber kaum zur Trocknung des Felles bei.

Das Abtrocknen kann durch intensives Frottieren mit einem Handtuch, mit einer Rotlichtlampe oder einem Heizlüfter erfolgen. Danach benötigen Kälber reichlich trockenes Stroh als Einstreu und/oder in der kalten Jahreszeit eine Kälberdecke. Sinnvoll kann auch ein «Kälberföhn» sein.

Bei der Tränke ist speziell darauf zu achten, dass ein Nuggi mit hohem Saugwiderstand gewählt wird, damit die Milch langsam getrunken wird. Ansonsten besteht neben Durchfall ein erhöhtes Risiko für Pansentrinken und Aufblähen.

Weiter ist auf eine Minimierung des Infektionsdrucks in der Umgebung des Neugeborenen zu achten. Bereits in den ersten Lebensstunden kann sich das Kalb infizieren. Daher ist eine saubere, reichlich eingestreute Abkalbe-Box wichtig. Zudem empfiehlt es sich, das Kalb unverzüglich nach dem Ablecken bzw. Trocknen aus dem Abkalbe-Bereich in ein sauberes Kälberiglu zu bringen.

Das Kälberiglu sollte vor jeder neuen Einstallung gemistet und mit dem Hochdruckreiniger gesäubert werden. Anschliessend ist es ideal, wenn das Iglu mindestens drei Tage lang leer und senkrecht stehend dem Tageslicht ausgesetzt ist. Die UV-Strahlung im Tageslicht hat eine stark desinfizierende Wirkung. Diese ist vergleichbar mit Kresol-haltiger Desinfektionsmitteln.

Werden diese Massnahmen konsequent umgesetzt, lassen sich unter anderem Probleme mit den Parasiten Kryptosporidien (und Kokzidien) deutlich reduzieren.

Kälber sind weniger belastbar als ausgewachsene Tiere und benötigen daher eine intensivere Betreuung. Eine systematische Dokumentation erleichtert es, rückwirkend festzustellen, was welche Massnahme bewirkt hat.

[IMG 4]

Was tun, wenn trotzdem ein Kalb an Durchfall erkrankt?

Liegt ein Bestandes-Problem vor, ist der Erreger-Nachweis im Kot bei nicht vorbehandelten, frisch erkrankten Tieren sinnvoll. Viren sind nur kurze Zeit nach Krankheitsausbruch nachweisbar. So kann eine Salmonellose ausgeschlossen werden.

Die Salmonellose ist eine infektiöse Durchfallerkrankung, die durch Bakterien der Gattung Salmonella ausgelöst wird. Ist eine Salmonellose ausgeschlossen, kann ein Betrieb gezielte vorbeugende Massnahmen ergreifen, etwa eine Mutterschutzimpfung sowie zusätzliche Hygiene-Massnahmen.

Die Behandlung sollte zum Ziel haben, dem Kalb über die Durchfall-Episode so gut wie möglich hinweg zu helfen. Das Ersetzen der Elektrolytverluste und das Ausgleichen der Übersäuerung im Rahmen des Flüssigkeits-Ersatzes durch Diät-Tränken stehen therapeutisch im Vordergrund. Sie sind in der Regel ausreichend.

Liegt ein Kalb jedoch fest oder nimmt keine Flüssigkeit mehr auf, braucht es eine Infusion. Auf die Milchtränke als wichtigen Energielieferanten sollte keinesfalls verzichtet werden.

Antibiotika sind bei Kälbern mit unkompliziertem Durchfall nicht notwendig. Bei klinisch schwer erkrankten Tieren mit Anzeichen einer Blutvergiftung ist dagegen eine mehrtägige Antibiotika-Therapie erforderlich.

Die meisten dieser Tiere haben aufgrund einer ungenügenden Kolostrum-Versorgung keine ausreichende Menge an Antikörpern im Blut. Daher ist auch das Risiko von Sekundärinfektionen anderer Organsysteme (Nabel, Lunge, Gelenke) nach Ausbreitung von Bakterien über die Blutbahn hoch.

[IMG 5]

Das ist Kälberdurchfall
 
Infektion: Bei der Mehrzahl der klinischen Erkrankungen sind Infektionserreger im Kot nachweisbar (vor allem enterotoxische Escherichia coli, Rota- und Corona-Viren, Kryptosporidien).
Diät: Für akut erkrankte Kälber stehen geeignete Diät-Tränken zur Verfügung. Milch sollte trotz Durchfall weiter in kleinen Portionen angeboten werden.
Pflege: Die Betreuung der Tiere ist von zentraler Bedeutung, um zu verhindern, dass die Patienten aufgrund massiver Flüssigkeitsverluste über den Kot in einem Schockzustand zum Festliegen kommen.
Infusion: Festliegende Patienten benötigen eine geeignete Infusionstherapie durch den Tierarzt; auch auf den ersten Blick hoffnungslose Fälle können dann erfolgreich therapiert werden.