Wie werden die Milchinhaltsstoffe Eiweiss und Fett von den Händlern und Verarbeitern heute honoriert?

Stefan Kohler:Die BO Milch kontrolliert regelmässig die Milchgeldabrechnungen der grösseren Erstmilchkäufer. Alle Milchgeldabrechnungen, die wir sehen, enthalten auf irgendeine Art eine Gehaltsbezahlung, das heisst Zuschläge oder Abzüge für über- oder unterdurchschnittliche Fett- und Eiweiss-Gehalte.

Nicht alle Milchkäufer wenden dabei die gleichen Ansätze an. Wie stark die Gewichtung ist, ist Sache der Marktpartner und wird über die Milchkaufverträge geregelt. Kleinere Käsereien wenden meist ein einfacheres System der Gehaltsbezahlung an, letztlich ist es aber Sache der Marktpartner, sich auf ein faires System zu einigen.

Warum wird in der Schweiz die Milch nicht noch stärker nach Inhaltsstoffen anstatt nach Milchmenge bezahlt wie etwa in Neuseeland oder Kanada?

In der Schweiz steht die Segmentierung im Zentrum, das ist ja auch eine Art Gewichtung der Milchpreise nach den Marktgegebenheiten. Man muss auch sehen: Eine stärkere Gewichtung nach Inhaltsstoffen ist ein zweischneidiges Schwert. Es gibt nicht nur Zuschläge, sondern bei tieferen Gehalten auch Abzüge. Ich finde es logisch, wenn der Milchkäufer das Milchfett und Milcheiweiss stark gewichtet. Letztlich sind es diese Inhaltsstoffe, die im Markt einen Wert haben und nicht das Wasser in der Milch. Mit dem System der Zuschläge und Abzügen kommt man diesem Gedanken weitgehend nach.

Verarbeiter müssten doch ein Interesse an Milch mit einer besseren Ausbeute haben?

Ich würde da vorsichtig sein. Jetzt, wo Butter knapp ist, stimmt diese Überlegung und der Buttermangel führte auch zu höheren Preisen. Aber es war ja in den vorherigen Jahren auch nicht so, dass es bei Butterüberschuss Abzüge für höhere Milchfett gab und die Preise ins Bodenlose sanken. Stabile Preise sind für uns in der Branche wichtig.

Ist es denkbar, dass in Zukunft flächendeckende Gehaltsbezahlungs-Systeme in der Schweiz eingeführt werden?

In der Westschweiz ist die Gehaltsbezahlung bei den grösseren Verarbeitern bereits weit verbreitet. Falls der Wunsch vorhanden ist, das System flächendeckend in der ganzen Schweiz anzuwenden, könnte man das über das Richtpreissystem der BO Milch einführen.

Der Trend und die politischen Forderungen gehen aber eher in eine andere Richtung: Man möchte mehr Transparenz in der Milchgeldabrechnung auf Stufe der drei Segmente A, B und C sowie eine längere Planungssicherheit, das heisst klare längerfristige Preisvorgaben. Das wäre mit dem stärker auf Marktveränderungen gerichtete Gehaltszahlungssystem schlecht zu erreichen.

Der Markt verlangt aktuell mehr Fett. Warum wird der Fettgehalt in der Milch nicht besser honoriert?

Im Vergleich zum Ausland wird bei uns ein hoher Fettgehalt überdurchschnittlich gut honoriert, wie es das Beispiel Pitt Käch schön zeigt. Der Milchfettpreis wurde zudem im Sommer 2020 weiter erhöht. Wir haben in der BO Milch eine Vereinbarung getroffen, dass diese Wertsteigerung bei der Butter zu 100 Prozent an die Produzenten weitergegeben wird.

Auf vielen Milchgeldabrechnung wird dieser Bonus, der zwischen 0,6 und 1,0 Rp. pro Kilogramm Milch beträgt, separat ausgewiesen. Bei anderen ist er im Milchpreis integriert worden.

Das Interview wurde schriftlich geführt.