Kurz & bündig

  • Im April 2020 herrschte fast schweizweit eine aussergewöhnliche Trockenperiode.
  • Auch trockene Böden können bei unsachgemässer Bearbeitung Schaden nehmen.
  • Im Ackerbau gilt tendenziell in der Schweiz: Trockene Jahre sind eher gut Jahre.
  • Die Schweiz hat verglichen mit den grossen Ackerbaunationen eher viel Niederschlag.

Kein Niederschlag und gleichzeitig sich rasch erwärmende Böden: Die Vegetation startete schwungvoll in das Jahr 2020. Das vom Winter vorhandene Wasser wurde von den Pflanzen aus dem Boden aufgenommen. Das Resultat: Die Böden waren bald ausserordentlich trocken. Aufzeichnungen von Bodensonden haben gezeigt, dass die Wiesenpflanzen das Wasser bis in eine Tiefe von 40 cm aufgebraucht hatten.

Die Auswirkungen der Trockenheit auf die Kulturen waren von Standort zu Standort sehr unterschiedlich. Die Trockenheit stellte viele Landwirte vor unterschiedliche Herausforderungen.

Andrea Marti, wissenschaftliche Mitarbeiterin von der HAFL, erzählt: «In einzelnen Fällen musste der Boden vor der Bearbeitung gar bewässert werden, da die Kluten für eine Bearbeitung zu sehr ausgetrocknet waren.» Marti beschäftigt sich seit dem Jahr 2017 im Team von Andreas Keiser mit dem Bodensonden-Projekt.

Auch trockene Böden können durch Trockenheit beschädigt werden

Landwirte wissen, dass sie ihre Böden bei nassen Bedingungen nicht befahren sollten: Verdichtungen wären sonst die Folge. Kann aber im Gegenzug bei einem knochentrockenen Boden nichts falsch gemacht werden? «Doch», sagt Andrea Marti. «Bei sehr trockenen Böden kann die Struktur auch geschädigt werden. Beispielsweise, wenn mit einer Fräse zu fein bearbeitet und der Boden quasi zu Puder gemahlen wird», so Marti.

Der Schaden auf solchen Parzellen zeigte sich spätestens bei den ersten Niederschlägen. Zu fein bearbeitete Böden sind anfälliger für Erosion und Verschlämmung. Verschlämmt ein sehr feines Saatbett infolge eines starken Niederschlags, kann sich eine Kruste bilden. So kann das Wasser beim nächsten Regen weniger gut in den Boden eindringen und läuft oberflächlich ab. Die Folge kann dann Erosion sein.

Durch Trockenheit verursachte Risse bringen Sauerstoff und Wärme in die Böden

Im März waren in tonigen Böden bereits deutliche Risse zu sehen. Dies kann auch gut für die Böden sein: «Die Risse bringen warme Luft und somit Sauerstoff in die Böden. Die Böden werden schneller warm und die Mineralisierung kommt in Gang», erklärt Andrea Marti.

Für Kartoffeln kann es beim Setzen kaum zu trocken sein

Die Trockenheit hatte auf die Ackerkulturen unterschiedliche Auswirkungen. «Kartoffeln brauchen bis zum Auflaufen praktisch kein Wasser. Sie können genügend Feuchtigkeit aus der Knolle ziehen», weiss Andrea Marti. Anders sieht das bei Kulturen wie Zuckerüben oder Mais aus.

«Damit diese keimen können, braucht es Feuchtigkeit und guten Bodenschluss. In diesem Jahr war es von Vorteil, wenn Zuckerrüben tiefer als sonst üblich 4 bis 5 cm tief gesät wurden. Auch das Walzen kann dabei helfen, guten Bodenschluss herzustellen und dafür zu sorgen, dass die Wassernachlieferung von unten möglich ist», so Marti.

Zudem: «Bei Rüben war es kritischer als beim Mais, da diese früher gesät und dadurch voll von der Trockenheit getroffen wurden.» Versuche haben gezeigt, dass sich in Trockenjahren die Bewässerung von Kartoffeln wirtschaftlich lohnen kann. Bei den meisten anderen Ackerkulturen ist dies wohl nicht der Fall.

«Darum ist es besonders wichtig, dass wir möglichst alle Massnahmen ausserhalb der Bewässerung ergreifen, um die Wasserversorgung unserer Kulturen sicherzustellen», sagt Andrea Marti. Dazu gehören beispielsweise das Verhindern von Bodenverdichtungen. Eine gute Bodenstruktur ermöglicht, dass Pflanzen auch Wasser aus tieferen Bodenschichten erschliessen können. Fehler in der Bodenbearbeitung zeigen sich bei extremer Witterung – trocken und heiss, aber auch nass und kühl, sehr schnell.

Die Schweiz ist ein Ackerbaugebiet mit hohen Niederschlagsmengen

Andrea Marti gibt weiter zu bedenken, dass wir in der Schweiz im Vergleich zu den grössten Ackerbaugebieten der Welt immer noch überdurchschnittlich hohe Niederschläge haben.

«Wir haben sehr gute Produktionsvoraussetzungen für den Ackerbau. In der Tendenz stimmt in der Schweiz der Satz: Trockene Jahre sind gute Jahre», so die wissenschaftliche Mitarbeiterin.

Unter der Trockenheit stärker leiden – insbesondere bei Sommertrockenheit – kann hingegen der Futterbau. Hier braucht es in Zukunft wohl trockenheitsresistentere Arten in den Futterbaumischungen.

Züchtung auf Trockenheitstoleranz der Ackerkulturen ist schwierig

Welchen Beitrag kann die Züchtung hinsichtlich Trockenheitstoleranz der Ackerkulturen leisten? Die Züchtung auf Hitze- und Trockenheitstoleranz ist sehr schwierig und aufwändig. Die entsprechenden Gene sind an unterschiedlichen Orten lokalisiert. Ein wichtiger Faktor dabei ist das Wurzelsystem einer Sorte. Um das Wurzelsystem gut zu bonitieren und zu vergleichen, braucht es ein Loch im Boden, um die Wurzeln zu sehen. Ausgraben ist nicht zwingend nötig.

Dieses wird aber in aktuellen Züchtungsprogrammen nicht untersucht. In einer Versuchsanlage überall Löcher zu graben, wäre sehr aufwändig und könnte zudem andere Erhebungen verfälschen.

Die ETH Zürich hat diese Arbeit für alle Weizensorten ab den 1980er-Jahren bis heute vorgenommen und die Wurzelsysteme miteinander verglichen. Es zeigte sich, dass immer kürzere Sorten gezüchtet wurden. Parallel wurzeln die Pflanzen aber auch weniger tief als die älteren Sorten.

Im Mais hingegen gab es in dieser Hinsicht züchterische Erfolge zu verzeichnen: Das «Anthesis-Silking-Intervall» – also die Zeitspanne zwischen männlicher und weiblicher Blüte – wurde massiv verkürzt, so dass sie heute bei modernen Sorten sehr nahe beisammen liegen. Das ist wichtig, weil die Blühorgane beim Mais sehr empfindlich auf Trockenheit sind und rasch absterben können.

Die Züchtung wird in Zukunft sicher Sorten mit einer besseren Trockenheitstoleranz hervorbringen. Ob diese sich auf dem Markt durchsetzen, hängt aber von ihren anderen Eigenschaften ab «Die Abnehmer spielen bei der Definition der Zuchtziele eine wichtige Rolle», erklärt Andrea Marti. Im Weizen steht beispielsweise die Backqualität im Fokus, bei den Kartoffeln beispielsweise die Stärke und die Back-Eigenschaften.

Müssen wir uns darauf einstellen, dass «standortangepasste Produktion» mit klimatischen Verschiebungen neu definiert wird? In der Broye-Ebene, wo traditionellerweise viele Kartoffeln angebaut werden, könnte das heissen: Keine Kartoffeln mehr, da das Wasser dafür zu knapp ist.

«Das Problem ist aber, dass die Böden in der Broye-Ebene hervorragend für den Kartoffelanbau geeignet sind. Wir können nicht einfach sagen, dass wir den Kartoffelanbau nun in kühlere, niederschlagsreichere Regionen mit tonhaltigeren Böden verschieben», gibt Andrea Marti zu bedenken.

Bewässerungstechnik hat Potenzial, aber …

Hinsichtlich Bewässerungstechnik gibt es mit der Tropfbewässerung ein effizientes System, welches dabei helfen kann, im Vergleich zum Rollomat mit Überkopfberegnung rund 30 Prozent Wasser einzusparen. Das Problem: Pro Hektare liegt der Arbeitsaufwand bei diesem System 10 Stunden über jenem mit Rollomat. Es werden 13 km einjährige Schläuche verlegt – und dies zu einem Zeitpunkt, an dem noch nicht klar ist, ob überhaupt bewässert werden muss. «Realistischerweise müssen wir eingestehen, dass es für viele Betriebe zeitlich gar nicht möglich ist, beispielsweise im Kartoffelanbau konsequent auf Tropfbewässerung zu setzen», sagt Andrea Marti.

Sie sieht aber dennoch auch Potenzial in der Technik: Rollomaten mit GPS (kein Überlappen bei der Bewässerung, Wasser nur bis an die Parzellengrenzen) oder sondenbasierte Bewässerung sind Stichworte dazu.

Was sich in jedem Fall lohnen kann: Bei jenen abschauen, die schon seit längerem mit trockenen Bedingungen produzieren und klimatisch nahe an unseren heutigen Herausforderungen sind.

Bodensondenprojekt HAFL: Vergleich mit Wasserbilanzmethode aus Bayern

Angefangen hat das Bodensonden-Projekt der HAFL 2016 mit 25 Sonden. 2020 stehen bereits 250 Sonden, die zu einem grossen Teil den Landwirten gehören, auf Schweizer Äckern im Einsatz. Die Sonden messen die Bodenfeuchtigkeit in unterschiedlichen Tiefen und dienen der gezielten Planung der Bewässerung der Kulturen.

Dieses Bodensondennetz soll im aktuellen Umfang langfristig von der HAFL mit ihren Partnern unterhalten werden. Zusätzlich testet die HAFL seit letztem Jahr ein Wasserbilanz-Modell, welches die Entwicklung der Bodenfeuchtigkeit berechnet. In Kombination mit den Bodensonden für die Eichung der Wasserbilanz, wäre es möglich für jede beliebige Fläche Bewässerungsempfehlungen abzugeben. Bei der Bilanzmethode muss der Landwirt seinen Boden, die Kultur und das Stadium der Kultur erfassen.

Mittels Meteo-Daten berechnet das Wasserbilanz-Modell des HAFL, wie viel Wasser die Kultur noch zur Verfügung hat und ob eine Bewässerung angezeigt wäre oder nicht.

 

 

Kartoffeln

Die Bodensonden der HAFL sollen künftig auch einen Beitrag bei der Krautfäulebekämpfung in Kartoffelbeständen leisten (siehe «die grüne», Ausgabe 5/2020). Die ersten Tests im Jahr 2019 führte die HAFL gemeinsam mit Agroscope als Partnerin durch. 2020 geht die Testphase in die zweite Runde.