AboFlavio Näf (links), Florian Abt (Mitte) und Marco Landis (rechts) von der Swiss Future Farm stehen vor dem Traktor, an dem ein Güllefass angehängt ist.Smart FarmingGreifbares Smart Farming auf der Swiss Future FarmMittwoch, 1. August 2018 Die Swiss Future Farm hat ein extremes erstes Betriebsjahr hinter sich: Die Trockenheit im Sommer 2018 machte auch Betrieben mit jahrzehntelanger Erfahrung auf eigenem Boden zu schaffen. 

Dazu kommt, dass die neuen Besitzer des 81 ha-Betriebes den Maschinenpark komplett neu aufgebaut haben: Neue Traktoren und neue Anbaugeräte mit automatischen Lenksystemen und den modernsten Smart Farming-Technologien, das fordert die Mitarbeiter auf dem Feld.

Und als ob das noch nicht genug wäre, müssen sich auf der Swiss Future Farm in Tänikon TG drei sehr unterschiedliche Partner zusammenraufen.

Die Swiss Future Farm ist eine Partnerschaft von BBZ Arenenberg, AGCO und GVS Agrar

Die Swiss Future Farm SFF wurde am 1. Januar 2017 gegründet, als das BBZ Arenenberg den Versuchsbetrieb der Agroscope in Tänikon in Pacht nahm.

Schon ein halbes Jahr später wurde eine Public-private-Partnership PPP (öffentlich-private Partnerschaft) gegründet:

  • Auf der einen Seite das Landwirtschaftliche Bildungs- und Beratungszentrum des Kantons Thurgau, das BBZ Arenenberg.
  • Auf der anderen Seite die GVS Agrar als Schweizer Importeur von Landtechnik, insbesondere der AGCO – und ebendieser US-amerikanische Hersteller der Marken Fendt, Challenger, GSI, Massey Ferguson und Valtra.

Diese PPP kann man kritisieren, was andere Schweizer Landtechnik-Importeure mehr oder weniger deutlich tun. Aber man muss auch anerkennen, dass der Kanton Thurgau und die beiden «privaten» Partner entscheidungsfreudig gehandelt haben.

Die Swiss Future Farm hat komplett neue Traktoren und Anbaugeräte

«Das Zusammenspiel der drei Partner und die vollständige Umstellung des Maschinenparks erforderte im Vorfeld intensive Diskussionen und kostete auf dem Feld manchen Schweisstropfen», erklärt Martin Huber, Direktor des BBZ Arenenberg.

Die Partner haben aber zusammengefunden. Und die Kompatibilität zwischen Traktoren und Anbaugeräten macht sich im doppelten Sinne des Wortes bezahlt.

Heute fahren die Traktoren auf der Swiss Future Farm mit Lenksystem und tragen kameragesteuerte Hackgeräte, Düngerstreuer mit Section Control und Variable Rate Control. In den Scheunen steht zudem eine topmoderne Grünland- und Ernte-Flotte bereit.

Betriebsspiegel
Swiss Future Farm in Tänikon, Ettenhausen TG (534 m ü. M.)

LN: 81 ha
Kulturen: 55 ha Ackerkulturen, 20 ha Naturwiese, 6 ha Biodiversitätsflächen
Tierbestand: 65 Milchkühe, 55 Sauen
Betriebs-Mitarbeiter: 7 Mitarbeiter
Entwicklung und Support: 3 Mitarbeiter
Public-private-Partnership (öffentlich-private Partnerschaft): BBZ Arenenberg Thurgau, AGCO Corporation, GVS Agrar

www.swissfuturefarm.ch

Eine Precision Planting-Sämaschine als Prototyp für die Swiss Future Farm

Im ersten Betriebsjahr fokussierte sich die Swiss Future Farm auf den Pflanzenbau. Ein gutes Beispiel dafür ist die Aussaat-Technik für Zuckerrüben-Kulturen. Dafür wurde ein Sämaschinen-Prototyp der US-amerikanischen Marke Precision Planting in Betrieb genommen, die seit 2017 zu AGCO gehört.

Die Precision-Planting-Sämaschinen haben in den USA enorme Arbeitsbreiten. Die Swiss Future Farm musste deshalb bei der Agrar Landtechnik AG in Balterswil TG einen Prototyp mit «nur» drei Metern Arbeitsbreite zusammensetzen lassen.

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Dieser Prototyp kann mit der hydraulischen Schardruck-Regelung den Schardruck entsprechend der Bodenverhältnisse für jede Reihe automatisch und individuell anpassen.

Die Kornablage erfolgt nicht im freien Fall, sondern über ein Förderband direkt in die Saatfurche, was eine präzise Kornablage auch bei höheren Fahrgeschwindigkeiten ermöglicht.

Bodensensoren erfassen während der Saat in jeder Reihe die Bodenfeuchte, Bodentemperatur und den Gehalt an organischer Substanz. All das wird während der Saat überwacht und hochauflösend dokumentiert.

Überraschende Ergebnisse bei den Zuckerrüben-Kulturen

Im ersten Erntejahr 2018 untersuchte die Swiss Future Farm, wie sich unterschiedliche Schardruck-Einstellungen der Einzelkorn-Sämaschine während der Aussaat auf die Erträge in Zuckerrüben auswirken. Zudem wurden die Auswirkungen auf den Ertrag bei verschiedenen Ablagetiefen und Saatstärken analysiert.

In Verbindung mit einer RTK-Lenkung und einer Isobus gesteuerten Pflanzenschutzspritze ist der iMonitor3 ein Hightech-Wunder. Und dank SectionControl wird die Ausbringmenge auf das Nötigste reduziert. Bild: SDFSmart FarmingBei Same, Deutz-Fahr und Hürlimann (SDF) ist Smart Farming selbstverständlichFreitag, 27. September 2019 Der höchste Ertrag wurde mit einem maximalen Schardruck von 2,7 bar erzielt. Die aussergewöhnlich geringen Niederschläge im Frühjahr 2018 und ein grobes Saatbett begünstigten diese Schardruck-Einstellung.

Im sehr trockenen 2018 erwies sich die tiefere Ablage des Zuckerrüben-Saatgutes als vorteilhaft. Bei 4 cm und 6,5 cm Ablagetiefe wurden höhere Erträge erzielt als bei der üblichen Ablagetiefe von 2,5 cm. Auch der Zuckergehalt war auf 4 cm Ablagetiefe am höchsten.

In den nächsten Erntejahren wird die Swiss Future Farm die Auswirkungen unterschiedlicher Schardruck-Einstellungen und Ablagetiefen bei Zuckerrüben und Mais weiter untersuchen.

Als neuartiger Ansatz wird auch geprüft, wie Flüssigdüngung die Zuckerrüben-Entwicklung im Jugendstadium stärken kann.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der mechanischen Unkrautbekämpfung mit kameragesteuertem Hackgerät und Striegel. Im Weizen wird der Effekt einer auf Luftbildern basierenden, teilflächenspezifischen Stickstoff-Düngung auf die Stickstoff-Fixationsrate und den Ertrag untersucht.

Die Swiss Future Farm braucht mehr als ein Jahr Anlaufzeit

Die ersten Ergebnisse der Swiss Future Farm seien ermutigend. «Aber ein Jahr ist in der Landwirtschaft kein Jahr», weiss Martin Huber.

Wobei der Arenenberg-Direktor genaue Vorstellungen von Nachhaltigkeit hat: «Fortschritt ist auch die nachhaltige Wirtschaftlichkeit und nicht nur die Ökologie».

1 Jahr Swiss Future Farm, 3 Erkenntnisse
Für Martin Huber, Direktor des BBZ Arenenberg, brachte das erste Betriebsjahr der Swiss Future Farm drei wichtige Erkenntnisse:

Eine Public-private-Partnership (konkret zwischen dem Kanton Thurgau und den Landtechnik-Unternehmen GVS Agrar und AGCO) ist zwar aufwändig, multipliziert aber Wissen und Erfahrungen.

In der SFF wird Wissen gewonnen für Landwirte, für staatliche Berater und Lehrer, für private Landtechnik-Entwickler und -Verkäufer.

Smart Farming im Pflanzenbau ist mehr als nur Maschinen. Es ist ein agronomischer Grundsatz, dass man richtig und optimal sät, düngt und erntet, um eine gute Ernte zu erzielen.