Gämsfarbige Gebirgsziege

Die Gämsfarbige Gebirgsziege hat nur wenig mit der Gämse zu tun – dafür umso mehr mit der Ziegenmilch-Produktion in der Schweiz. Das Porträt einer anpassungsfähigen «Langweilerin».

Steckbrief

Gattung: Ziege (Capra)

Art: Hausziege

lateinischer Name: Capra aegagrus hircus

Rasse: Gämsfarbige Gebirgsziege

Ursprung: Berner Oberland und Graubünden

Beginn der Züchtung: Herdebuch seit 1900

Masse

Widerristhöhe: 70 bis 80 cm (Ziege), 80 bis 90 cm (Bock)

Gewicht: 55 kg (Ziege), 75 kg (Bock)

 

Typische äusserliche Merkmale

Eine schlanke, mittelgrosse Ziege. Kurzes, braunes Fell, mit dunkler Bauchunterseite, schwarzen Beinen bis zu den Sprunggelenken und schwarzen Zeichen am Kopf. Der schwarze, sogenannte Aalstrich geht über den Rücken nach hinten, bis zum Schwanz. Behornte und unbehornte Tiere.

Leistungsdaten

Die Gämsfarbige Gebirgsziege erzielt eine ansehnliche Milchleistung und ermöglicht damit eine wirtschaftliche Milchziegenhaltung.

Milchleistung

Leistung: 796 kg Milch / Laktation

Fett: 3,4 %

Protein: 3,1 %

Laktationsdauer: 272 Tage

Das zeichnet diese Rasse aus

Die Gämsfarbige Gebirgsziege ist sehr anpassungsfähig. Sie ist berggängig und kann sowohl auf Berg- als auch auf Talbetrieben gute Milchleistungen erzielen. Die Rasse ist ausserdem genetisch vorteilhaft veranlagt in Bezug auf hohe Protein-Gehalte in der Milch.

Sie gilt als robust und verträgt Kälte und Hitze über kurze Zeit recht gut.

Die Geschichte der Gämsfarbigen Gebirgsziege

Beliebteste Ziegenrasse der Schweiz

Langweilerin – das ist sehr streng und eigentlich nicht ganz fair. Schliesslich ist die Gämsfarbige Gebirgsziege die beliebteste und damit häufigste Ziegenrasse in der Schweiz. Es ist nur so, dass sich über die Rasse nicht sonderlich viele Informationen finden lassen. Das hängt aber auch damit zusammen, dass die Gämsfarbige unter vielen Namen und in verschiedenen Regionen vorkam. Doch später mehr dazu.

Auf keinen Fall sollte die Gämsfarbige unterschätzt werden. Ihre Stärke ist die Anpassungsfähigkeit. Dadurch ist sie für viele Betriebe und verschiedene Management-Strategien geeignet. Bei intensiver Fütterung erzielt sie hohe Milchleistungen. Genauso kommt sie mit extensiverer Haltung zurecht und kann somit auch für die Alpbewirtschaftung genutzt werden.

Nachfrage nach Ziegenmilch steigt

Von Beginn an war das Ziel, mit der Gämsfarbigen Gebirgsziege eine Rasse mit ansprechender Milchleistung zu züchten. Das ist über die Jahre stetig verbessert worden, sodass die Gämsfarbige heute für die wirtschaftliche Milchproduktion eingesetzt wird. Insbesondere die Gehalte der Milch überzeugen: Die Gämsfarbige Gebirgsziege hat genetisch vorteilhafte Anlagen für Eiweissgehalte, welche zu einer guten Käseausbeute beitragen.

Ziegenmilch ist ein Nischenprodukt, das in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und sich etabliert hat. Mit der zunehmenden Nachfrage steigerte sich die Ziegenmilch-Produktion und die Gämsfarbige Gebirgsziege profitierte ebenfalls davon.

2020 wurden rund 22'800 Tonnen Ziegenmilch produziert. Das entsprach 0,6 % der damaligen totalen Milchproduktion, wie Daten von Agristat zeigen. Die meiste dieser Ziegenmilch wird zu Käse verarbeitet. Die Produktion von Trinkmilch oder Joghurt spielt eine kleine Rolle.

Behornt und hornlos

Zu den Anfängen der Gämsfarbigen Gebirgsziege lässt sich nicht viel finden. Hans Hinrich Sambraus beschreibt in seinem «Farbatlas Nutztierrassen», dass es schon vor langer Zeit eine Urziege in der Schweiz gab, die der heutigen Gebirgsziege nicht unähnlich sah. Allerdings waren diese Tiere kleiner und gedrungener, «mit einem wilden Aussehen».

Seit 1900 wird das Herdebuch dieser Rasse geführt. Anfangs existierten noch zwei Schläge: Der hornlose Oberhasli-Brienzer-Typ stammte ursprünglich aus dem Berner Oberland. Der behornte Bündnertyp kam aus dem Kanton Graubünden.

In den Jahren um 1930 wurde eine Rassenbereinigung durchgeführt. «Es ist gut möglich, dass zu diesem Zeitpunkt die beiden Schläge zur ‹neuen› Rasse der Gämsfarbigen Gebirgsziege zusammengefasst wurden», sagt Thomas Herren, Geschäftsführer vom Schweizerischen Ziegenzuchtverband SZZV. Der SZZV führt das Herdebuch der Rasse.

Die schwarzen Zeichnungen der Gämse

Gämsen und Ziegen: Diese beiden Tiere sind weit entfernt verwandt. Allerdings sprechen wir dabei von der gleichen Distanz wie zwischen Ziegen und Moschusochsen oder Ziegen und Schafen. Diese Verwandtschaft ist also fast nicht der Rede wert – auch wenn gewisse Züge durchaus ähnlich sind. So sind die Gämsfarbigen Ziegen zwar nicht ganz so versierte Kletterinnen wie die Gämsen. Sie sind aber durchaus berggängig.

Woher also kommt der Name der Gämsfarbigen Gebirgsziege? Es hat tatsächlich etwas mit der Farbe zu tun: Die Gebirgsziege hat schwarze Zeichnungen am Kopf sowie über den Rücken und an den Beinen, wodurch sie einer Gämse ähnelt.

Bestandesentwicklung

Die Rasse ist in der Schweiz die am weitesten verbreitete Ziege. Während andere Rassen stagnieren oder rückläufig sind, nimmt die Anzahl der Gämsfarbigen Gebirgsziegen im Herdebuch in den letzten Jahren kontinuierlich zu. Stand Juni 2022 waren 9178 Gämsfarbige Gebirgsziegen im Herdebuch registriert.

Der Knick zwischen 2014 und 2015 kommt durch eine administrative Bereinigung der Herdebuchzahlen zustande und ist kein eigentlicher Einbruch.

Links & Quellen

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